Rechenschwäche / Dyskalkulie
Die Qual mit der Zahl! oder
"Hilfe, mein Kind ist rechenschwach!"
Mathematik ist eines der Hauptfächer in der Schule, daher haben es rechenschwache Kinder schwer. Ein Versagen in diesem Bereich führt nicht selten dazu, dass Kinder an ihren Fähigkeiten grundsätzlich zweifeln. Daher ist es sehr wichtig, eine Rechenschwäche frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Eine Rechenschwäche kann bereits Ende der 1. Klasse / Anfang der 2. Klasse sicher diagnostiziert werden.
Mögliche psychische und soziale Folgen einer Rechenschwäche
Rechenschwache Kinder bemühen sich meist darum, durch Üben ihre Schwäche zu kompensieren. Da sie aber auf Grund der Verständnisprobleme in Mathe auf Dauer scheitern, entwickeln sie oft Ängste und Selbstzweifel, die sie u. U. auch auf andere Fächer übertragen. Ein Kind, das sich selbst für "dumm" hält, da es offensichtlich etwas nicht versteht, was andere "ganz einfach" finden, verliert schnell das Interesse am Lernen und die Motivation, sich auch schwierigen Dingen zu stellen. Daraus folgend verschlechtern sich oft die Leistungen allgemein und eine "negative Lernspirale" beginnt, die das Kind aus eigener Kraft nicht mehr ins Positive umkehren kann.
Diese ganze Entwicklung kann vermieden werden, wenn die zugrunde liegende Rechenschwäche möglichst früh erkannt und kompetent behandelt wird!
Was beobachten Eltern (und ErzieherInnen und LehrerInnen) ?
- Bei den Hausaufgaben grübelt das Kind stundenlang anstatt zu rechnen
- Das Kind fragt danach, ob die Ergebnisse richtig sind in einer Art, die völlige Orientierungslosigkeit verrät
- Das Kind hat am nächsten Tag schon wieder vergessen, was es eben noch beherrschte
- In Klassenarbeiten hat es oft "Blockaden", die dazu führen, dass es auch einfache Aufgaben nicht mehr lösen kann
- Der Aufwand des Übens steht in keinem Verhältnis zu den Noten, die es bekommt
- Mathematik wird zunehmend zur psychischen und auch beziehungsmäßigen Belastung für Kind und Eltern
Was denken rechenschwache Kinder eigentlich beim Rechnen?
- Warum klappt es denn mit den Fingern plötzlich nicht mehr, in der 1. Klasse ging das doch prima?
- Wie kann ich mir merken, dass der 3. und der 5. Stein zusammen 2 Steine sind, während doch 3 Steine plus 5 Steine zusammen 8 Steine sind?
- Warum geht das mit dem Minus mit Zählen immer nicht, wenn ein Hunderter "im Weg" ist?
- Warum ist es bei der Aufgabe 81-79 bloß so mühsam, rückwärts zu zählen?
- Warum darf ich bei der Aufgabe 53-14 nicht 5-1 und 3-4 rechnen? Das wäre doch so einfach!
- Bei Mal-Aufgaben wurden immer die Zahlen zusammengezählt, aber jetzt werde ich mit den Aufgaben nicht mehr fertig!
- 10:5=2, weil ja 2+2+2+2+2=10 ist, aber was mache ich bloß bei "427:7" ? Da werde ich ja nie fertig!
- Warum sagen alle dauernd, ich soll mich konzentrieren? Das mache ich doch!
- Warum sagen alle, ich soll mehr üben? Ich übe doch schon so viel!
- Warum ist Rechnen für die anderen so einfach? Aber ich quäle mich doch so!
Die Rechenschwäche- ein immer noch wenig beachtetes Problem!
Kinder, für die Mathe ein "Buch mit sieben Siegeln" ist, gab es schon immer. Obwohl die Rechenschwäche als Teilleistungsstörung unter dem Begriff "Dyskalkulie" der Wissenschaft seit mehr als 20 jahren bekannt ist, herrscht im schulischen Alltag meist noch viel Unwissenheit.
Rechenschwache Kinder und ihre Eltern kämpfen oft noch mit zwei gängigen Vorurteilen:
1. Vorurteil:
Für Mathe gibt es einen natürliche Begabung, die ich entweder habe oder eben nicht, daher kann man gegen eine Rechenschwäche auch nichts machen!
Warum ist das ein Vorurteil?
Es wurde noch kein "Mathe-Gen" gefunden! Meist haben die Kinder die Mathematik nur nicht so verstanden, wie sie ihnen erklärt wurde! Lerntempo, Lernmethoden und das Übungsmaterial entsprechen wohl den meisten Kindern, aber nicht allen. Auch rechenschwache Kinder machen sich Gedanken, wie sie rechnen, sie haben nur andere Gedankengänge!
Leider haben es rechenschwache Kinder auch insofern schwer, dass der Matheunterricht fortlaufend aufeinander aufbaut und sie schnell immer weiter den Anschluss verlieren. Daher sollten -wie bereits erwähnt- Anzeichen für eine Rechenschwäche möglichst früh erkannt werden!
2. Vorurteil:
Kindern, die nicht rechnen können, fehlt es einfach an Intelligenz!
Warum ist das ein Vorurteil?
Rechenschwache Kinder haben meist eine ganz normale Intelligenz und kommen in anderen Fächern gut mit. Die vielen erfolgreichen Rechenschwäche-Therapien zeigen, dass die Defizite im Verständnis aufgearbeitet werden können. In den ersten beiden Grundschuljahren gibt es ganz typische Missverständnisse und Fehlertypen (siehe auch die Beispiele!). Sie weisen immer wiederkehrende Gemeinsamkeiten auf, die man beobachten und dann auch beheben kann!
Rechenschwache Kinder sind solche, bei denen kein sicheres Fundament zum Rechnen vorhanden ist!
- daher wird die Logik mathematischer Zusammenhänge nicht verstanden, weil ihre Grundlage für das Kind nicht identifizierbar ist
- daher bringt auch zusätzliches Üben nichts, solange das Kind kein tragfähiges Fundament aufgebaut hat
- Wie soll ein Kind das Rechnen begreifen, wenn es nicht so richtig weiß, was eine Zahl überhaupt ist?
- Wie soll es gut rechnen, wenn es nicht verstanden hat, was die einzelnen Rechenzeichen bedeuten? Was heißt "plus" und "minus" eigentlich, was bedeutet das "="-Zeichen genau?
- Wie soll es gut rechnen, wenn es Aufgaben schematisch auswendig gelernt hat?
Achtung: Mathematik ist daher die "erste Fremdsprache" in der Schule!