Behandlung der Rechenschwäche
Aufbau eines stabilen Fundamentes
Für die Behandlung einer Rechenschwäche gilt grundsätzlich, dass zunächst das Fundament stabil sein muss, bevor aktueller Unterrichtsstoff aufgearbeitet werden kann.
Daher sollte zunächst der Lernstand des Kindes ermittelt werden. Dazu kann es u. U. sinnvoll sein, einen aussagekräftigen Test ("BADYS"- Bamberger Dyskalkulie-Diagnostikum von Schardt-Merdian) durchzuführen und das Kind ausführlich nach seinen Rechenwegen und seinen Zahlvorstellungen zu befragen. Diese sind meist sehr interessant und aufschlussreich!
Im Alter von 3 bis 6 Jahren (Kindergartenalter) erwerben Kinder Grundkenntnisse über Mengen und Zahlen, die sie benötigen, um später in der Schule gut rechnen lernen zu können.
Die wichtigsten Grundkenntnisse, die ein Kind also haben sollte, wenn es in die Schule kommt, sind:
- gute Zählfähigkeiten, Zahlreihen sollten vorwärts und rückwärts sicher aufgesagt werden können
- Verständnis von Zahlen als Mengen, jede Zahl bedeutet also eine entsprechende Menge, wobei diese mit jeder Zahl größer wird
- Mengen nach ihrer Größe ordnen zu können
- gute Wahrnehmungskonstanz, das bedeutet, dass Mengen unabhängig von ihrer Anordnung immer gleich sind (so bleiben z. B. 7 Kugeln immer sieben Kugeln, egal ob sie nahe zusammen liegen oder mit mehr Abstand)
- simultane Erfassung von Mengen, d. h. kleinere Mengen, wie z. B. Würfelbilder können spontan ohne Abzählen benannt werden
- räumliche Vorstellungsfähigkeiten, diese gelten als wichtige Voraussetzung, um räumliche Beziehungen zu erfassen und sich später abstrakt "im Zahlenraum orientieren" zu können.
- gute Gedächtnisleistung vor allem mit Zahlenmaterial
Sollten in diesen Bereichen Defizite bestehen, muss da eine intensive Förderung ansetzen!
Grundlegende Rechenfertigkeiten
Zu den grundlegenden Rechenfertigkeiten gehört, dass Kinder die Rechenoperationen, die hinter den Grundrechenarten stehen, verstanden haben, z. B.:
- Was mache ich eigentlich beim Addieren und Subtrahieren ("plus" und "minus")? Eine Menge verändert sich, wird mehr oder weniger!
- Was bedeutet Malnehmen ganz konkret? ( 3 mal 5 = eine Menge von 5 plus eine Menge von 5 plus eine Menge von 5 = 15)!
- Wie ist das mit dem Dividieren? Eine Gesamtmenge wird in mehrere kleine Mengen aufgeteilt!
- Wie kann man Ergänzungsaufgaben lösen? 5 plus ? = 12, ergänzen bis zur 12 oder die Umkehraufgabe nutzen wie 12-5=7
Wichtig ist auch, dass ein Kind passende Strategien entwickelt, die nicht auf dem Zählen aufgebaut sind. Es sollte das Stellenwertsystem mit Einern, Zehnern, Hundertern usw. verstehen und dann gezielt nutzen können.
Eine gute Orientierung im jeweiligen "Zahlenraum" ist grundlegend, um entsprechende Aufgaben lösen zu können, z. B. die Vorgänger und Nachfolger oder Nachbarzehner einer Zahl bestimmen zu können.
Auch der Umgang mit Maßeinheiten und die zeitliche Orientierung (Umgang mit der Uhr!) sollte trainiert werden, dieser Bereich ist für rechenschwache Kinder meist besonders schwer!
Die 4 Stufen des Rechnens (nach Hans Aebli)
- Mathematik muss man "begreifen" und zwar im Wortsinn! Am besten verstehen Kinder Rechenoperationen, wenn sie sie zunächst mit Anschauungsmaterial durchführen. Kinder müssen "handelnd begreifen", wie z. B. eine Menge Gummibärchen sich verändert, wenn welche davon aufgegessen werden! Die Menge der Gummibärchen wird nämlich kleiner... Rechenoperationen weden also zunächst mit verschiedenen Materialien dargestellt, z. B. können Steinchen verwendet werden, die stapelbar sind, um den Sinn der Zehnerbündelung zu veranschaulichen. Oder eine Menge der Steinchen muss gleichmäßig verteilt werden usw.
- Mathematik muss bildlich dargestellt werden! Diese Darstellung z. B. über Bilder und Zeichnungen ist wichtig, um eine innere Vorstellung der Rechenoperationen aufzubauen, die dann dazu führt, dass das Kind kein Anschauungsmaterial mehr benötigt! Das Anschauungsmaterial ist daher nur für die erste Stufe wichtig, die Kinder sollten nicht davon abhängig werden. Auf dieser Stufe ist es auch hilfreich, die Kinder Aufgaben selbst darstellen zu lassen, z. B. Einer und Zehner aufzumalen und dann wegzustreichen usw.
- Es wird mit abstrakten Zahlen gerechnet! Erst wenn Kinder diese Stufe erreicht haben, können sie auch mit abstrakten Zahlen rechnen, da sie eine innere konkrete Vorstellung aufgebaut haben, z. B. dass 8-5 immer 3 ist, unabhängig davon, ob es sich um Gummibärchen, Spielzeugautos o. ä. handelt. Sie haben auch die Rechenzeichen wie plus, minus, mal und geteilt und auch die Bedeutung des Gleichheitszeichens (=) sicher verstanden. Rechenschwache Kinder benötigen meist mehr Zeit auf den Stufen 1 und 2, während im Matheunterricht der Schule oft zu schnell auf der Abstraktionsebene gerechnet wird.
- Rechenaufgaben müssen automatisiert werden! Wenn Kinder Aufgaben verstanden und eine innere Vorstellung aufgebaut haben, ist es wichtig, die Aufgaben zu automatisieren, um nicht immer wieder neu überlegen zu müssen. Dies führt zu einem schnelleren Lösen von Aufgaben und zu einer Entlastung der Konzentration. Ab der 3. Klasse z B. ist sehr vorteilhaft, die Aufgaben des kleinen Einmaleins auswendig zu wissen, um sie im Zahlenraum bis 1000 anwenden zu können.